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Papataci-Fieber im Mittelmeergebiet

Das Sandmückenfieber (synonym: Papataci-Fieber; "sandfly fever") ist eine im Mittelmeerraum weit  verbreitete Arbovirose. Verursacht wird die Erkrankung durch das Sandmückenfiebervirus (SFV), einem zu den Bunyaviridae gehörenden Erreger.  Es zirkulieren drei SFV-Serotypen: Toskana, Naples und Sicilian. Verschiedene seroepidemiologische Untersuchungen sowie klinische Fallbeschreibungen der letzten Jahre belegen, dass das Virus in den meisten Ländern des Mittelmeerraumes sowie dem zentralasiatischen Bereich weit verbreitet ist.

Infektionen wurden Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Griechenland, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, Türkei, Ägypten, Israel, Jordanien, Marokko, Tunesien und Zypern beobachtet. Auch Touristenzentren, wie Mallorca, gelten als Endemiegebiet.

Am besten untersucht ist das Vorkommen dieser Infektion in Mittelitalien (Toskana, Marken), wo man fand, dass der SFV-Serotyp Toscana (Toskana-Virus; TOSV) in den Sommermonaten bei Kindern und Erwachsenen für etwa 80% der akuten viralen Infektionen mit Beteiligung des zentralen Nervensystems (ZNS) verantwortlich ist. Untersuchungen bei Bewohnern von Palma de Mallorca ergaben eine SFV-Antikörperprävalenz von 61%, Barcelona 28%, Madrid 24%, Santiago de Compostela 11%, Jerez  31% und Las Palmas de Gran Canaria 20%. Obgleich dieser publizierten Befunde, wird bei fieberhaften Erkrankungen mit oder ohne neurologische Beteiligung nach einem Mittelmeerurlaub in Deutschland nur selten an Sandmückenfieber gedacht.

Sandmückenfieber wird durch der Stich verschiedener Phlebotomen (Schmetterlingsmücken) übertragen. Die Inkubationszeit beträgt nach dem Stich  2 bis 6 Tage. Bei den Patienten kommt es zu hohem Fieber bis 41oC, ausgeprägten frontalen Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien, retrobulbären Schmerzen mit Sehstörungen sowie Konjunktivitis, gastrointestinalen Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoen. Die Dauer der ersten Phase der Erkrankung beträgt 2 bis 4 Tage.

Nach einer kurzzeitigen Remission kann es dann zu den neurologischen Komplikationen mit aseptischer Meningitis, Enzephalitis und Meningoenzephalitis kommen. Weitere Komplikationen sind transiente Hirnnervenparesen, Hörsturz, Aphasie oder Konvulsionen, die insbesondere im Gefolge einer TOSV-Infektion auftreten können. Lebensbedrohliche Verläufe sind dagegen selten. In der Rekonvaleszenz bestehen oftmals noch über mehrere Wochen oder Monate anhaltende Kephalgien. Infektionen mit anderen SFV-Serotypen (Sicilian oder Naples) führen meist nur zu einer leichteren neurologischen Symptomatik.

Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung, so dass die Behandlung lediglich symptomatisch erfolgt. Eine durchgemachte Infektion hinterlässt eine lebenslange homologe Immunität, schützt jedoch nicht vor einer Infektion mit einem anderen SFV-Serotyp. Neben dem klinischen Verdacht aufgrund der Reiseanamnese, lässt sich die SFV-Infektion durch den Nachweis von spezifischen IgM- und IgG-Antikörpern im Serum nachweisen.

Um sich vor Mückenstichen zu schützen und damit die Übertragung dieses Virus zu vermeiden, sind die Anwendung von Repellenzien sowie das Tragen von adäquater, körperbedeckender Kleidung empfohlen. Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung.

Text: Prof. Dr. Tino F. Schwarz, Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Medizinischer Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Würzburg


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